Während man bis heute nicht genau weiß, warum die Neandertaler damals ausgestorben sind, stellt eine neue Studie nun eine ungewöhnliche Hypothese auf: Ein Polsprung soll vor ca 41.000 Jahren für ihr Aussterben gesorgt haben.
Was ist ein Polsprung?
Das Magnetfeld der Erde dreht sich in unregelmäßigen Abständen um, das heißt, da, wo heute Norden ist, wäre dann Süden, und umgekehrt. Das gilt natürlich nur für das Magnetfeld, also das, was uns ein Kompass anzeigen würde, die Erde dreht sich dabei schließlich nicht komplett um. Dass es diese Polsprünge gibt weiß man mittlerweile sicher, man kann das zum Beispiel an Vulkangestein nachweisen, wenn Lava aus einem Vulkan austritt und abkühlt, richten sich die magnetisierbaren Minerale im Gestein (z.B. Eisenoxide) nämlich entlang der aktuellen Richtung des Erdmagnetfeldes aus.
Auch durch die Analyse der Baumringe von versteinerten Bäumen kann man vergangene Polsprünge recht genau datieren, während eines Polsprunges wird das Erdmagnetfeld nämlich vorübergehend deutlich schwächer, was Aufgrund der stärkeren kosmischen Strahlung, welche die Erde dadurch erreicht, zu einer erhöhten Produktion des radioaktiven Kohlenstoffisotops Kohlenstoff-14 (C14) führt. Anhand des Gehaltes von C14 kann man also erkennen, wann es zu Perioden mit einem schwächeren Magnetfeld kam.
Wieso sollte das zum Aussterben der Neandertaler geführt haben?
Aufgrund des schwächeren Magnetfeldes konnte wie gesagt mehr kosmische und ultraviolette Strahlung zur Erde gelangen. Das wiederum soll die Neandertaler besonders hart getroffen haben, sie hätten, dieser Studie zufolge, nämlich vor allem schlechtere / weniger Kleidung getragen, sich ggf weniger in Höhlen aufgehalten und, im Gegensatz zum Homo sapiens, keinen „Sonnenschutz“ genutzt (in Form von Ocker, womit allerdings nicht nur der Homo sapiens seine Haut schützte).
Das zumindest nimmt Agnit Mukhopadhyay, ein Experte für Weltraumphysik, welcher die Studie leitete, an. Ein Polsprung vor ca 41.000 Jahren, das sogenannte Laschamp-Ereignis, habe demnach eine wichtige Rolle beim Aussterben der Neandertaler gespielt. Während diesem Ereignis sei mehr kosmische und ultraviolette Strahlung zur Erde durchgedrungen, wogegen die Neandertaler schlechter geschützt gewesen seien als der Homo sapiens.
Kritik an der Studie
Diese Studie erntete allerdings vor allem Kritik, denn es gebe keine Beweise dafür, dass der Homo sapiens mehr oder bessere Kleidung besessen habe und auch die Nutzung von Ocker sei nicht auf den Homo sapiens beschränkt gewesen, sondern genauso beim Neandertaler bereits vor über 100.000 Jahren nachgewiesen worden. Auch Höhlen seien ebenfalls vom Neandertaler als Unterschlupf genutzt worden, weshalb auch dies keine Erklärung dafür sei, dass dieser irgendwie stärker von dem besagten Polsprung betroffen gewesen wäre.
Zudem gebe es allgemein keine Hinweise darauf, dass die Neandertaler plötzlich ausgestorben seien, und auch nicht, dass andere Menschen oder auch Tiere ähnlich stark betroffen gewesen wären. Alles in allem spreche nicht viel dafür, dass der Polsprung vor 41.000 Jahren einen großen Einfluss auf das Aussterben der Neandertaler gehabt habe, auch hätten sie schon früher einen Polsprung überstanden, und zwar das Blake-Ereignis vor ca 120.000 Jahren.
Weshalb ist der Neandertaler dann ausgestorben?
Wie schon zu Beginn erwähnt, weiß man das nicht genau, aber es gibt mittlerweile einige plausiblere Hypothesen dazu, die naheliegendste ist wohl die, dass der Neandertaler gar nicht ausgestorben ist. Vielmehr soll er sich nämlich langsam aber sicher mit dem Homo sapiens vermischt haben und, da er die deutlich kleinere Population darstellte, schließlich in diesem aufgegangen sein.
Dass der Neandertaler nicht „einfach so“ ausgestorben ist, kann man zum Beispiel auch heute noch an unserem Erbgut erkennen, der durchschnittliche Europäer oder Asiate trägt nämlich immer noch 1-3% Neandertaler-DNS in sich, sie haben sich also sehr wahrscheinlich einfach mit dem Homo sapiens vermischt bis es irgendwann keine „reinen“ Neandertaler mehr gab.