Beim Kochen von Eiern kursieren zahlreiche Tipps und Tricks, von denen viele seit Generationen weitergegeben werden. Zwei besonders hartnäckige Empfehlungen sind: das Anpieksen der Eierschale vor dem Kochen und das Abschrecken mit kaltem Wasser danach. Beide Maßnahmen sollen die Qualität des gekochten Eis verbessern – doch was sagt die Wissenschaft? Und wie sind die praktischen Erfahrungen im Alltag?
Das Anpieksen: Was soll es bringen?
Beim Anpieksen eines Eis wird mit einer (Rouladen-)Nadel oder einem speziellen „Eierpiekser“ ein kleines Loch in das stumpfe Ende des Eis gestochen, dort befindet sich die Luftkammer. Die Idee dahinter ist einfach und klingt zunächst auch logisch: Der beim Erhitzen entstehende Druck im Inneren soll durch das Loch entweichen können, wodurch das Platzen der Schale verhindert wird.
Und bringt das Anpieksen wirklich etwas?
Der Druck im Ei kann durch die sich ausdehnende Luftkammer tatsächlich steigen. Dies kann also theoretisch auch dafür sorgen, dass die Schale aufplatzt und das Eiweiß sich schön im Kochwasser verteilt. In der Praxis macht es aber keinen nennenswerten Unterschied, ob man die Eier „anpiekst“ oder nicht, zumindest nicht was die Gefahr des Aufplatzens betrifft, diese wird bestenfalls minimal reduziert, denn die Eierschale ist hart genug, um den Druck der wenigen sich ausdehnenden Luft auszuhalten.
Tatsächlich sollte man Eier explizit nicht anpieksen, denn dadurch können unter Umständen Keime ins Ei gelangen, man würde es so also eher schlimmer machen, statt besser.
Fazit: Eier bitte nicht anpieksen, es ist bestenfalls (nahezu) nutzlos und schlimmstenfalls sogar schädlich. Ich selbst koche Eier übrigens auch schon seit Jahren, ohne sie anzupieksen, und habe dabei kein häufigeres Aufplatzen feststellen können. Abgesehen davon würde man (fertige) Ostereier bei der Herstellung ja auch anpieksen, wenn das irgendetwas bringen würde, die Industrie nutzt schließlich jedes noch so kleine Einsparpotenzial.
Auch eine Möglichkeit: Moderne Kochtechniken wie etwa das langsame Erhitzen mit kaltem Wasser, minimieren den Druckanstieg und machen so das Anpieksen ebenfalls überflüssig. Man muss dann eben nur ausprobieren, wie lange die dann brauchen, bis sie so hart (oder weich) sind, wie man es mag.
Das Abschrecken: Schälen sich die Eier so wirklich besser?
Die Eier lassen sich durch das Abschrecken schneller / einfacher schälen, das ist in der Regel die Begründung für das Abschrecken. Und zum Teil stimmt das auch, allerdings nicht, weil die Schale sich dadurch besser lösen ließe.
Bringt das Abschrecken von Eiern etwas?
Hier kann man ganz klar sagen: Jein!
Denn wie leicht sich Eier schälen lassen, hängt nicht davon ab, ob man sie abgeschreckt hat oder nicht, sondern vielmehr vom Alter der Eier. Und da ist es tatsächlich so, dass frische Eier in der Regel schwieriger zu schälen sind, denn diese haben einen höheren pH-Wert und damit auch eine stärkere Bindung zwischen Schale und Eiweiß. Bei älteren (noch immer genießbar, wohl gemerkt) Eiern dagegen entweichen mit der Zeit etwas Wasser und Kohlenstoffdioxid aus dem Ei, was dazu führt, dass sich die Bindung zwischen Schale und Eiweiß lockert. Das beste Alter für eine leichte Schälbarkeit soll übrigens bei ca. 7–10 Tagen liegen.
Warum kann es trotzdem Sinn machen, Eier abzuschrecken?
Wie wir gerade erfahren haben, hat das Abschrecken keinen sonderlichen Einfluss auf die Schälbarkeit von Eiern, doch es gibt dennoch Argumente für das Abschrecken:
- Weich gekochte Eier: Wer seine Eier weichgekocht bevorzugt (warum auch immer^^), will natürlich, dass diese auch noch im weichen Zustand im Eierbecher oder auf dem Brot landen. Dafür muss der Garvorgang abgebrochen werden, was bei Abschrecken passiert.
- Hart gekochte Eier: Während es sich wie gesagt nicht groß auf die Schälbarkeit auswirkt, gibt es aber auch hier gute Gründe, die für ein Abschrecken sprechen. Zum einen natürlich das Offensichtliche: Noch heiße Eier anzufassen und zu schälen ist nicht unbedingt angenehm, man sollte sie also abschrecken, wenn man vorhat, sie direkt nach dem Kochen zu verzehren. Allerdings sollte man Eier, die man abgeschreckt hat, auch nicht allzu lange aufbewahren, sondern zeitnah verzehren, denn auch beim Abschrecken können Keime in die Eier gelangen, was deren Haltbarkeit beeinflusst.
Fazit:
Ich persönlich piekse Eier vor dem Kochen wie gesagt schon lange nicht mehr an (und habe dabei keinen Unterschied festgestellt), während ich sie aber in der Regel durchaus abschrecke, denn ich will ja nach dem Kochen nicht noch lange warten, bis ich frühstücken kann. Will ich gekochte Eier aber länger aufbewahren, werde ich in Zukunft wohl auch auf das Abschrecken verzichten.
Abgesehen davon, dass man mit dem Anpieksen sowieso Eintrittspforten für Keime schafft, gibt es meiner Erfahrung nach auch viele Menschen, die die Nadeln / Eierpiekser nach der Benutzung nicht spülen, was das Risiko natürlich deutlich erhöht.
Wie ich bei meiner Recherche herausgefunden habe, hat sich sogar das Bundesinstitut für Risikobewertung mit diesem Thema befasst, es handelt sich also offenbar um eine Frage der nationalen Sicherheit – warum sollte man auch sonst Steuergelder für sowas ausgeben? 😉