You are currently viewing Wie viel Wahrheit steckt hinter „The Conjuring“?

So ziemlich jeder wird wohl die „Conjuring“ Reihe kennen, und auch wissen, dass diese Filme, insbesondere der erste Teil, damit beworben wurden, dass sie angeblich auf einer wahren Geschichte basieren. Doch wie viel davon ist tatsächlich so passiert?


Worum geht es in „The Conjuring“?

Der Film handelt, grob zusammengefasst, von den Perrons, einer 7-köpfigen Familie, die in ein neues Haus auf dem Land zieht, in welchem ihnen schnell einige „unheimliche“ Dinge passieren, z.B. blieben alle Uhren im Haus schon in der ersten Nacht zur gleichen Zeit (3:07 Uhr) stehen, die Mutter wachte am nächsten Morgen mit „unerklärlichen“ blauen Flecken am Körper auf, die Kinder hörten Nachts „gruselige Geräusche“ und ähnliche Dinge.

Nachdem die Vorkommnisse immer häufiger und auch schlimmer werden, wendet sich die Mutter an Ed und Lorraine Warren, ein Ehepaar, das damals bekannt dafür war, sich mit paranormalen Ereignissen zu beschäftigen, und diese erklären sich bereit ihnen zu helfen. Auch in deren Anwesenheit passieren schnell Dinge wie plötzlich zuknallende Türen, eine der Töchter schlafwandelt und kriecht in die Wand hinter einem Schrank (dort habe sich der „Geist“, den sie schon seit Ankunft in dem Haus immer wieder in einer Spieluhr sieht, „versteckt wenn er Angst hatte“) und Lorraine hat mehrere „Visionen“, unter anderem von einer Hexe, die sich dort an einem Baum selbst erhängt haben soll.

Im Laufe des Films werden die paranormalen Vorkommnisse natürlich immer mehr und mehr bis die Mutter letztlich von einem „Dämon“ übernommen wird und Ed Warren einen Exorzismus an ihr durchführt – der „Dämon“ verlässt sie dann und alles ist wieder gut. Das ist natürlich nur eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse, wer sich selbst ein Bild davon machen will, sollte sich den Film einfach ansehen, lohnt sich übrigens durchaus, auch wenn viel weniger davon wahr ist, als man das Publikum glauben machen will.

Wie viel davon ist wirklich so passiert?

Nun, jedem, der den Film kennt, wird klar sein, dass dort zumindest extrem übertrieben wurde, viele der dargestellten Geschehnisse können in der Realität einfach nicht so passiert sein. Wenn man diesen Film als „basierend auf einer wahren Begebenheit“ bezeichnet, könnte man auch „Harry Potter“ so bezeichnen, denn es gab ja ziemlich sicher mal einen kleinen britischen Jungen, der auf eine Privatschule in einem alten Schloss ging, der Rest ist dann eben „künstlerische Freiheit“. Ok, etwas übertrieben zugegeben, aber vom Prinzip her kommt das hin, denn die ganzen Szenen, in denen diese „Hexe“ oder andere „Geister“ / „Dämonen“ zu sehen sind, werden so mit Sicherheit nicht stattgefunden haben, bzw bestenfalls in den Köpfen der Beteiligten.

Auf die Idee zu diesem Artikel kam ich, als ich mir „The Conjuring“ kürzlich noch einmal angesehen habe, und mir am Anfang wieder dieser unsinnige Hinweis von wegen „Based on the true story.“ auffiel. Und ich muss sagen, wenn man ihn sich unter diesem Gesichtspunkt ansieht, fallen einem noch viele Dinge auf, die man bisher vielleicht nicht bemerkt hatte. Dort passieren nämlich mehr oder weniger im Minutentakt Dinge, die in der Realität so sicher nicht passiert sind, aber hätte man sich wirklich an die realen Vorkommnisse gehalten, wäre der Film zugegeben auch verdammt langweilig geworden.

Dann blieben nämlich nicht viel mehr, als ein paar „gruselige“ Geräusche (in einem über 100 Jahre alten Haus, wow) und einige Dinge, die sehr wahrscheinlich einfach der Fantasie der Kinder entsprungen sind (welches Kind hat nicht irgendwann mal einen Schatten im dunklen Zimmer gesehen und diesen für sonstwas gehalten?) sowie reine Behauptungen, die sich nicht nachweisen lassen (Lorraine’s angebliche Visionen z.B.).

Gibt es Beweise für (oder gegen) das, was wirklich passiert ist?

Nun, es gibt, wie fast immer bei solchen Geschichten, natürlich keine Beweise, dass sie wirklich so passiert ist, auch die Ton- und Filmaufnahmen, welche die Warrens angeblich bei ihren „Ermittlungen“ bei der Familie Perron gemacht haben, unter anderem um die Kirche zu überzeugen, dass es sich wirklich um etwas übernatürliches handelt, sind natürlich „verschwunden“.

Umgekehrt gibt es natürlich auch nur wenige „Beweise“, die dagegen sprechen, aber das ist in so einem Fall ja auch nicht nötig, wenn jemand behauptet, dass es so etwas wie Geister, Dämonen, Besessenheit oder ähnliches wirklich gibt, dann liegt die Beweislast bei demjenigen, nicht bei denen, die nicht an solch paranormalen Kram glauben.

Und doch gibt es zumindest deutliche Hinweise darauf, dass die Geschichte, wenn auch nicht völlig erfunden, aber zumindest extrem übertrieben erzählt wurde, und zwar nicht erst für das Drehbuch zum Film, da würde man das ja sowieso erwarten, sondern schon bei dem Buch, welches Andrea Perron (eine der Töchter) einige Jahre nach den angeblichen Geschehnissen darüber geschrieben hat, „House of Darkness, House of Light“. Dieses soll Andrea Perron nämlich zusammen mit einem Anwalt (oder Privatdetektiv / Polizist, je nach Quelle) geschrieben haben, welcher ihr wohl „nahelegte“ einige Dinge doch „etwas interessanter“ zu gestalten, damit sich die Geschichte besser verkauft.

Gegen die Theorie von den paranormalen Vorkommnissen spricht unter anderem auch die Tatsache, dass die Familie nach den Geschehnissen aus dem Film noch weitere 10 Jahre in dem Haus lebte. Ed Warren führte in Wirklichkeit auch nie einen Exorzismus durch, das ist nur die Erklärung aus dem Film, in Wahrheit wurde also auch nie irgendein „Dämon“ aus der Mutter vertrieben (nicht, dass das überhaupt möglich wäre), vielmehr lernte die Familie einfach damit zu leben, so schlimm kann es also gar nicht gewesen sein.

Was ist überhaupt NACHWEISLICH passiert?

Hier gibt es leider nicht so wirklich viel zu zu sagen, es gibt die Familie Perron natürlich wirklich, genauso wie das Haus, in dem das passiert sein soll, und die Warrens, das war es im Grunde schon, denn alles weitere basiert nur auf Erzählungen der Beteiligten.

Während die angebliche „Hexe“ im Film zwar den Namen einer Frau trägt, die wirklich einmal dort gelebt hat, gibt es keine Hinweise darauf, dass sie damals auch nur für eine „Hexe“ gehalten wurde (dass sie keine war versteht sich ja von selbst). Die Aufzeichnungen, die laut Film während der Ermittlungen der Warrens gemacht wurden, gibt es entweder nicht mehr oder es hat sie nie gegeben (bzw zumindest nicht in der Form, wie es im Film dargestellt wurde, möglicherweise gab es sie tatsächlich mal und man hat sie bewusst vernichtet, weil sonst klar wäre, dass die rein gar nichts beweisen).

Es ist halt wie bei den meisten Geschichten dieser Art, in der Regel basieren sie nur auf Erzählungen, für die es keinerlei Beweise gibt. Wobei es zugegeben sicher auch schwierig wäre so etwas zu beweisen, da müssten neben entsprechenden Filmaufnahmen auch glaubwürdige Zeugen (in diesem Fall: Menschen, die nicht an paranormales glauben) existieren. Aber „komischerweise“ sind die „Beweise“, die für solche Vorkommnisse geliefert werden, meist nur leicht zu fälschende Videos oder Fotos, bzw eben nur Behauptungen, besonders gern natürlich immer wieder einzelne „Zeugen“, die sagen, dass sie „bisher Skeptiker waren“, um ihre Aussagen glaubwürdiger klingen zu lassen.

Manche Dinge für den Film zu ändern macht natürlich durchaus Sinn, z.B. begannen die Geschehnisse im Film quasi direkt nach dem Einzug in das Haus, „offiziell“ lebte die Familie jedoch schon mindestens 6 Monate dort, bevor ihnen die ersten Dinge auffielen (plötzlicher Gestank im Haus: Ob da ein Tier zwischen den Wänden verreckt ist? Ne, muss ein Geist sein…), aber allein das hätte den Film ja noch weniger glaubwürdig gemacht, wieso sollten die Geister / Dämonen denn auch erst mal ein halbes Jahr warten, bevor sie anfangen die Familie zu ärgern?

Wer waren die Warrens und wie „Vertrauenswürdig“ waren sie?

Nachdem die Warrens sich kennengelernt hatten erkannten sie schnell, dass sie eine gewisse „Faszination für das Übersinnliche“ teilten, weshalb sie sich schon bald gemeinsam damit befassten. Es dauerte nicht lange bis sie, zunächst in ihrer näheren Umgebung, später aber auch bei einem breiteren Publikum, dafür bekannt wurden, bei Fällen von „paranormalen“ Vorkommnissen helfen zu können. Sie gründeten dann 1952 auch die New England Society for Psychic Research (NESPR) über die sie ihre Tätigkeit dann auch hauptberuflich (Spendenfinanziert) ausüben konnten.

Einerseits haben die Warrens ihre „Fälle“ durchaus kritisch betrachtet und häufig auch ganz rationale Erklärungen für die jeweiligen Vorkommnisse gefunden, doch bei einigen wollen sie angeblich eben wirklich übernatürliche Geschehnisse beobachtet (und „bekämpft“) haben. Und letzteres ist wahrscheinlich das größere Problem, denn damit verfestigten sie die, vermutlich psychisch labilen, Betroffenen nur in ihrem Glauben an das Übernatürliche.

Und mit diesen „übernatürlichen“ Geschichten tingelten sie dann schon ab den 1960er Jahren durch die amerikanischen Talkshows, ihr bekanntester Fall vor „The Conjuring“ war die (ebenfalls verfilmte) Geschichte vom sogenannten „Amityville Horror“.

Auch wenn sie also teilweise auch rationale Erklärungen für vermeintlich übernatürlich Vorkommnisse fanden, war das möglicherweise nur ein Versuch um damit als vertrauenswürdiger zu erscheinen als sie es wirklich waren, denn ihr „Ruhm“ (der ihnen offenbar sehr wichtig war) basierte dennoch quasi ausschließlich auf den angeblich „übernatürlichen“ Fällen, für die sie allerdings nie Beweise liefern konnten, all ihre Geschichten basierten auf Behauptungen, sei es seitens ihrer selbst oder seitens der Betroffenen (die zugegeben möglicherweise selbst davon überzeugt waren, was es aber natürlich nicht glaubwürdiger macht).

Achtung: Die Geschichte über das angebliche Verhältnis, das Ed Warren mit einer 15-jährigen gehabt haben soll, ist mit Vorsicht zu genießen. Genau wie bei den Geschichten der Warrens selbst gibt es hier nämlich keine Beweise, Gerüchten zufolge soll die Geschichte sogar von einem der Counjuring-Produzenten stammen, welcher im Clinch mit den Studios (Warner / New Line Cinema) lag.

Letztlich waren die Warrens also schlicht Betrüger, sie verdienten ihr Geld damit Menschen vorzugaukeln, dass sie oder ihr Haus „besessen“ oder „verflucht“ seien und dass sie ihnen helfen könnten. Sie hätten es imho lieber dabei belassen sollen ihre erfundenen Geschichten in Buchform zu veröffentlichen, statt so zu tun, als wenn sie irgendwelche Möchtegern-Geisterjäger wären.

Später wurden einige Fälle der beiden außerdem von seriösen, skeptischen Ermittlern (Joe Nickell und Benjamin Radford) untersucht, speziell bezüglich der Fälle „Amityville“ und dem der „Snedeker Familie“ kam man sehr sicher zu dem Schluss, dass diese nicht so passiert und reine Erfindung sind, andere (Perry DeAngelis und Steven Novella) bezeichneten die Geschichten der Warrens als „Flunkerei“. Demnach würde ich also auch nicht allzu viel auf deren Aussagen zu dem Wahrheitsgehalt der Filme geben.


Fun Facts zu „The Conjuring“

  • Warner Bros., das Studio, das die Conjuring Filme (inklusive Spin-Offs wie „Annabelle“ oder „The Nun“) produzierte, wurde 2016 auf 900 Millionen US-Dollar verklagt, weil anscheinend nicht die Warrens, sondern Gerald Brittle, ein anderer Autor, der 1980 ein Buch über ihre Fälle geschrieben hatte, die Rechte an den Geschichten besaß.

    Warner behauptete dann, dass ihre Filme nicht auf den Geschichten aus dessen Buch basierten, sondern auf „historischen Fakten“, woraufhin Brittle (bzw dessen Anwälte) Warner aufforderte, zu beweisen, dass es Geister und Hexen wirklich gibt, denn das müsste der Fall sein, sollten die Geschichten wirklich auf „historischen Fakten“ basieren (was sie offensichtlich nicht tun).

    Später soll sich aber wohl herausgestellt haben, dass gar nicht Brittle, sondern einer der Produzenten von „The Conjuring“ hinter der Klage steckte, dieser hatte wohl schon länger ein Problem mit Warner / New Line Cinema und soll auch derjenige gewesen sein, der die Geschichten über eine angebliche Affäre Ed Warrens mit einer 15-jährigen verbreitet habe.

  • Das Haus, in dem die Geschehnisse spielen, sieht in Wirklichkeit nicht annähernd so „gruselig“ aus wie im Film, ansehen kann man sich das echte Conjuring-Haus z.B. hier (ist halt ein typisches, altes Farmhaus, im Film scheint man sich mehr an dem Amityville Haus orientiert zu haben).
  • Eher ein Filmfehler, der mir beim erneuten ansehen aufgefallen ist: Relativ am Anfang finden die Perrons hinter einer zugenagelten Wand in einer kleinen Abstellkammer eine Treppe, die in einen Keller führt, von dem sie nichts wussten. Später allerdings scheint der Heizkessel ihrer Heizung sich in genau diesem Keller zu befinden. Da fragt man sich doch, wie die ohne Heizung ausgekommen wären, hätten sie den Keller nicht „zufällig“ entdeckt. Selbst wenn man das im Film nur hinzugefügt hat um den Keller „unheimlicher“ erscheinen zu lassen, ein Logikfehler in der Story ist das auf jeden Fall.
  • Am Anfang wird kurz die Geschichte um Annabelle, welche später einen eigenen Film bekam, angeteasert. Weil man nicht die Erlaubnis vom Hersteller der originalen „Raggedy Anne“ Puppe hatte, entschied man sich eine eigene, gruselige Puppe dafür zu erfinden, nicht etwa, wie vielseits vermutet, weil die echte nicht gruselig genug war (deswegen muss man sich auch nicht fragen, wer denn so eine Puppe als SPielzeug herstellt, denn niemand hat das je getan).
  • Die echte Lorraine Warren ist in dem Film bei einem der Vorträge von Ed Warren kurz im Publikum zu sehen.
  • Noch jemand verklagte Warner Bros wegen des Films, nämlich die damaligen Besitzer des Hauses, in dem die Geschehnisse stattgefunden haben sollen, ihnen wurden die ganzen Touristen, die unbedingt mal das „echte“ Conjuring Haus sehen wollten, irgendwann einfach zu viel.
  • Fazit

    Ich will hier natürlich nicht „The Conjuring“ bzw das „Conjuring Universum“ schlecht machen, im Gegenteil, ich finde die Filme toll und habe sie teils sogar schon mehrfach gesehen, nur den Schwachsinn mit dem „basierend auf einer wahren Begebenheit“ hätten sie einfach weg lassen sollen. Aber scheinbar gibt es ja leider genügend Deppen, die das glauben, so dass es sich lohnte die Filme so zu bewerben.

    Leider wird das allgemein aber sehr gern genutzt um Filme, speziell Horrorfilme, zu bewerben, wobei Hollywood „basierend auf einer wahren Begebenheit“ jedoch in der Regel sehr frei auslegt, siehe der „Harry Potter“ Vergleich am Anfang dieses Artikels. Tatsächlich erzählt so ziemlich gar keiner der so beworbenen Filme die wirkliche Geschichte der jeweiligen Ereignisse, sondern nutzt nur die, ganz rudimentäre, „Grundstory“, um darauf aufzubauen.

    Aber mal ehrlich, würden sie das nicht tun, wären es keine Horrorfilme, sondern „True Crime Dokus“ – nur sollten sie das imho auch so sagen wie es ist, und nicht versuchen, dem Publikum etwas anderes vorzugaukeln. Ein guter Film ist schließlich auch so ein guter Film (und einen schlechten macht es nicht besser, man ist eher umso enttäuschter wenn man die echte Hintergrundgeschichte kennt).


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