Kürzlich wurde eine Simulation seitens der NASA und anderer internationaler Organisationen durchgeführt, in welcher getestet werden sollte, wie wir auf ein hypothetisches Asteroideneinschlags-Szenario reagieren würden. Diese Simulation wurde als Erfolg gewertet und die Ergebnisse veröffentlicht. Doch diverse Medien, und zwar nicht nur solche, die typischerweise als unseriös bekannt sind, haben das offenbar falsch verstanden, einige berichteten sogar, dass tatsächlich ein Asteroideneinschlag im Jahr 2038 bevorstehe.
Ein hypothetisches Szenario
In dem Szenario nahm man eine hypothetische Situation an, bei der ein bisher noch unbekannter Asteroid entdeckt wird, dessen Einschlag auf der Erde mit einer Wahrscheinlichkeit von 72% für den 12. Juli 2038 berechnet wurde. Dabei waren zunächst noch keine genauen Informationen zu dem Kurs des Asteroiden bekannt, man befürchtete aber, dass er große Städte wie Dallas, Washington D.C., Madrid oder Algier (Algerien) treffen könnte. Da man sich zunächst nicht sicher war, wie groß der Asteroid ist, rechnete man mit Opferzahlen zwischen 1.000 und 10 Millionen Menschen.
Zwischen dem 2. und 3. April trafen sich fast 100 Experten von mehr als 25 Organisationen am Johns Hopkins Applied Physics Laboratory in Laurel, Maryland, um an der Planetary Defense Interagency Tabletop Exercise teilzunehmen, einer Veranstaltung (bereits die fünfte dieser Art seit 2013), bei der man informell mögliche Reaktionen auf einen hypothetischen Asteroideneinschlag diskutierte. Allerdings enthüllte man in diesem Jahr das hypothetische Szenario, welches in der Übung verwendet wurde, erstmals der Öffentlichkeit gegenüber.
„Ein großer Asteroideneinschlag ist potenziell die einzige Naturkatastrophe, die die Menschheit Jahre im Voraus vorhersagen und Maßnahmen ergreifen kann, um sie zu verhindern“
so Lindley Johnson, der leitende Programmmanager des Planetary Defense Coordination Office der NASA, in einer Erklärung.
Falsch verstanden oder einfach Sensationsgier?
Diverse Medien inklusive Nachrichtenagenturen haben das Ganze aber entweder falsch verstanden und für eine tatsächliche Warnung der NASA vor einem entsprechenden Asteroideneinschlag gehalten, oder es in ihrer Berichterstattung vielleicht sogar bewusst falsch wiedergegeben.
Andere wiederum interpretierten das Ergebnis der Veranstaltung so, dass behauptet wurde wir seien denkbar schlecht auf einen wirklichen Asteroideneinschlag (der kommen wird, die Frage ist nur wann) vorbereitet. Auch das trifft es aber nicht wirklich.
Bedenkt man, dass das für die diesjährige Übung benutzte Szenario bewusst ganz besonders „herausfordernd“ gestaltet wurde, indem man zum Beispiel weniger Zeit bis zum hypothetischen Einschlag hatte, kaum etwas über die Größe und Zusammensetzung wusste etc, und, dass man natürlich nicht sagen kann, ob die hypothetischen Maßnahmen gewirkt hätten, kann man die Übung aber keineswegs als Fehlschlag bezeichnen.
Jedenfalls trifft beides nicht zu, es gibt keine tatsächliche „Asteroidenwarnung“ der NASA und diese Übung hat auch nicht bewiesen, dass wir komplett unvorbereitet wären.
Sind wir wirklich bereit?
Man kann wohl ohne weiteres sagen, dass wir zumindest „bereiter“ sind als wir es je zuvor waren, wir haben dank des CNEOS (https://cneos.jpl.nasa.gov/ca/) bessere Informationen über Asteroiden und andere Objekte, die uns unter Umständen einmal gefährlich werden könnten, und dessen Fähigkeit solche Objekte aufzuspüren wird sich mit dem Near-Earth Object Surveyor, einem neuen Weltraumteleskop, das bis Sommer 2028 starten soll, sogar noch deutlich verbessern.
Außerdem hat die NASA mit ihrer DART-Mission Ende 2022 bewiesen, dass eine der möglichen Methoden, mit denen wir einen Asteroiden von seinem Kurs abbringen könnten, zumindest grundsätzlich auch funktioniert. Diese und weitere Maßnahmen, mit denen wir uns gegen ein solches Szenario verteidigen könnten, habe ich übrigens schon vor einiger Zeit in diesem Artikel zusammengefasst.
BTW:
Übrigens sind auch sämtliche Behauptungen, dass der Asteroid Apophis 2036 nun doch angeblich eine Einschlagswahrscheinlichkeit von bis zu 75% habe, die erst kürzlich auf (unter anderem) YouTube verbreitet wurden, völliger Quatsch. Tatsächlich geht man aktuell mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Apophis uns für mindestens ca 100 Jahre nicht gefährlich wird.