In der aktuellen Diskussion aufgrund der anstehenden Bundestagswahlen in Deutschland sind einige Begriffe, die auf den ersten Blick nicht wirklich etwas mit Politik zu tun haben, imho durchaus hilfreich, um zwischen bestimmten Wählertypen zu unterscheiden, bzw diese überhaupt halbwegs sinnvoll zu kategorisieren: Hobbits, Hooligans und Vulkanier.
Was haben Hobbits, Hooligans und Vulkanier mit Politik zu tun?
Diese Bezeichnungen stammen aus dem Buch „Against Democracy“ (dt.: „Gegen Demokratie: Warum wir die Politik nicht den Unvernünftigen überlassen dürfen“, 2016) des amerikanischen Politologen Jason Brennan. Darin erklärt er unter anderem, was die Probleme an der Demokratie, bzw ihrer Umsetzung in den meisten demokratischen Ländern, sind.
Er erklärt dabei zum Beispiel, dass Demokratie oft zu schlechten politischen Entscheidungen führt, weil viele Wähler irrational oder uninformiert sind. Ähnlich wie in dem Film „Idiocracy“ würde demnach irgendwann alles „den Bach runter gehen“ wenn der Anteil der „dummen“ (bzw. „uninformierten“) Wähler zu hoch wird. Brennan unterteilt dabei die Wähler in drei Gruppen: Hobbits, Hooligans und Vulkanier.
Hobbits:
In Deutschland stellt diese Gruppe wahrscheinlich einen recht großen Teil der „Stammwähler“ der CDU dar, die nachweißlich ja besonders oft von (eher älteren) Menschen gewählt wird, die sich oft einfach nicht für aktuelle Themen, oder gar Politik, interessieren, sie wählen eben, was sie immer gewählt haben (nach dem Motto: „war früher gut, muss auch heute gut sein“).
Hooligans:
Auf Deutschland bezogen werden Hooligans wohl ziemlich sicher einen recht großen Teil der AfD-Wähler ausmachen, sie informieren sich, wenn überhaupt, nur bei sogenannten „alternativen“ Medien, z.B. Telegram oder bekannten, rechts orientierten, Medien wie Bild, Welt oder ähnliche (im Prinzip die gesamte Springer-Presse), und zwar unter anderem, weil sie sich gegenseitig ständig einreden, dass die „Mainstream“ Medien ja „sowieso alle links“ (oder heutzutage auch gern genutzt: „woke“) seien und sie ja nur belügen würden (dabei ist es vielmehr so, dass sich auch die etablierten Medien immer weiter rechts orientieren, vermutlich unter anderem auch um sich eben nicht nachsagen zu lassen sie seien parteiisch Richtung links).
Vulkanier:
Im Gegensatz zu den beiden anderen Gruppen lassen sich die Vulkanier nicht wirklich einer bestimmten Partei zuordnen, sie mögen zwar tendenziell eher links wählen, decken aber das komplette Spektrum ab. Das soll natürlich nicht heißen, dass es bei den Hobbits und Hooligans keine Wähler von anderen Parteien als den genannten gäbe, die gibt es durchaus, nur der Anteil der besagten Beispiele ist in der Regel besonders hoch.
Ist Brennan wirklich gegen Demokratie?
Das kann man so imho nicht sagen, er spricht sich zwar für eine Epistokratie aus, dabei handelt es sich um eine Herrschaftsform, in der die „Wissenden“ die Macht haben, die sich aber durchaus mit einer Demokratie in Einklang bringen ließe. Jedoch wäre dabei politische Macht stärker an Wissen und Kompetenz gebunden als in einer „konventionellen“ Demokratie.
Damit kommt er übrigens dem sehr nahe, was ich selbst auch bevorzugen würde, eine Demokratie, in der aber die Stimmen der „Vulkanier“ deutlich stärker gewichtet werden (z.B. durch „Prüfungen“, die man absolvieren und dadurch „Extra-Stimmen“ erhalten kann).
Fazit:
Brennan argumentiert, dass die Demokratie, wie wir sie praktizieren, von Hooligans und Hobbits dominiert wird, während Vulkanier eher eine Ausnahme bleiben. Daher könne eine Epistokratie – eine „Herrschaft der Wissenden“ – eine bessere Regierungsform darstellen, weil sie kompetentere Entscheidungen ermöglichen würde. Seine These ist allerdings recht umstritten, da sie Fragen nach Fairness, Elitismus und der praktischen Umsetzbarkeit einer epistokratischen Ordnung aufwirft.
Ich würde, wie gesagt, eine reine Epistokratie nicht für die ideale Regierungsform halten, vielmehr müssten wir die Demokratie stärken, indem wir eben zum einen die Stimmen der „Vulkanier“ stärker gewichten und zum anderen dafür sorgen (v.a. durch Bildung), dass der Anteil der „Vulkanier“ in der Bevölkerung immer größer wird, im Idealfall die Mehrheit darstellt.
Als „Unfair“ (ein häufiger Kritikpunkt) würde ich eine solche Lösung (mit den „Prüfungen“) übrigens nicht bezeichnen, schließlich behielte jeder seine eine Stimme, man könnte lediglich zusätzliche bekommen, wenn man bei dieser Prüfung gut abschneidet, und da wiederum hat ja jeder die gleiche Möglichkeit, sich entsprechend zu bilden (bzw müsste man natürlich sicherstellen, dass das auch wirklich der Fall ist), wer das nicht will, der belässt es eben bei seiner einen Stimme.
Des weiteren wäre es natürlich durchaus richtig, ähnlich wie bei einer Epistokratie, politische Positionen zumindest an Kompetenz zu binden, also, dass ein Minister z.B. wenigstens eine entsprechende „Grundkompetenz“ für sein Amt mitbringen muss (abgeschlossenes Medizinstudium als Gesundheitsminister, VWL als Wirtschaftsminister und ähnliches), natürlich nicht nur bei Ministern, sondern bei allen politischen Ämtern, bei denen so etwas möglich ist.
Letztlich will sich ja niemand von Leuten regieren lassen, die „keine Ahnung haben“, dann dürfen diese aber auch nicht vorwiegend von eben solchen gewählt werden, das jedoch ist aktuell leider in so ziemlich jeder Demokratie der Fall, der Anteil der „Hobbits und Hooligans“ ist nun mal besonders groß, weshalb die (vergleichsweise) wenigen „Vulkanier“ umso wichtiger sind, damit wir uns nicht langsam aber sicher auf den Weg in Richtung einer „Idiocracy“ begeben. Und die einzige (kurzfristig) wirksame Lösung wäre da imho eben die, dass man einen Weg findet, die Stimmen der „Vulkanier“ stärker zu gewichten.